Seifensieder

Das erste überlieferte Seifenrezept stammt aus der Zeit um 2500 v. Chr. Dieses fand man in Tello, einer kleinen Stadt in Mesopotamien. Auf einer sumerischen Tonschiefertafel waren folgende Portionsangaben für die Seifenherstellung in Keilschrift eingeritzt:  1 Liter ÖI und die fünfeinhalbfache Portion Pottasche. Als Pottasche bezeichnete man die Asche einer Pflanze, die reich an kohlensaurem Kalium war. Beispielsweise gewann man sie damals aus verbrannten Dattelpalmen und Tannenzapfen.Die Verwendung von Seife findet man auch bei anderen alten Kulturen. Ägyptische Wandbilder zeigen, wie Sklaven die Wäsche mit Keulen schlagen, um sie zu reinigen .

Die Römer und die Griechen reinigten jahrhundertlang ihre Wäsche mit Aschenlauge. Auf die Idee, ÖI und Asche zu vermischen und zu verkochen, kamen sie aber nicht. Die Römer aber kannten eine zweite Quelle, um zu dem begehrten Alkali zu kommen. Sie verwendeten nicht nur das Alkali aus der Holzasche (Kaliumcarbonat), sondern auch verfaulten zersetzten Urin, der alkalischen Ammoniak entwickelte, um ihre Kleidungsstücke darin zu reinigen. Man gab die Bekleidung häufig den Wäschern, die eigentlich Urinspezialisten waren. Das Verfahren machte die Wäscher reich. Als Kaiser Vespasian (Titus Flavius Vespasian 39 - 83 n.Chr.) von den Wäschern hohe Steuern eintreiben wollte, gab es Proteste - wie immer in solchen Fällen. Erstaunlicherweise kamen diese Proteste auch aus dem kaiserlichen Hofrat. Daraufhin formulierte der Kaiser erstmals den Spruch:  "Pecunia non olet." Übersetzt heißt das: Geld stinkt nicht.

Als besonders geschickt im Seifenkochen erwiesen sich die Araber des 7. und 8. Jahrhunderts, direkt nach der Zeit, als Mohammed den Islam gründete. Mit Ausbreitung dieser Religion kam die Kunst des Seifensiedens über Spanien nach Europa. Vor allem Spanien, Italien und später Frankreich besaßen die erforderlichen Rohstoffe. Oliven dienten als Öllieferant, die Aschen von Meerespflanzen enthielten Soda. Durch den Zusatz von Duftstoffen, die aus verschiedenen Pflanzen gewonnen wurden, verfeinerte man in Frankreich die Seifen. Damit war die Toilettenseife geboren, die als kosmetische Seifenkugeln an Europas Höfen hochgeschätzt, für die Masse der Bevölkerung aber unerreichbare Kostbarkeiten waren.  Diese Seifen dienten allerdings nicht der persönlichen Hygiene und der Reinigung von Wäsche oder Fußböden. Sie wurden für kosmetische Zwecke oder als Heilmittel verwendet und ab 1525 zur Rasur der Männer. Seife - insbesondere die Kernseife - war ein absoluter Luxusgegenstand, den konnten sich nur betuchte Häupter leisten.  Zudem war der Wunsch, sich und seine Kleidung regelmäßig zu waschen, noch nicht sehr stark ausgeprägt.

 

Mit der Industrialisierung und dem damit einher gehenden Aufschwung der Textilindustrie setzte zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine größere Nachfrage nach Seife ein. Waschen wurde modern. Zunächst kamen deshalb die Seifensiedereien mit der Produktion nicht mehr nach; die Rohstoffe Talg und Holzasche wurden knapp. Erst durch die Einfuhr billiger Fettrohstoffe aus tropischen Ländern und die Erfindung des preisgünstigen Verfahrens zur Herstellung von Soda kam es wieder zu einer ausreichenden Rohstoffversorgung. Damit war der Weg frei zur industriellen Massenproduktion von Seife, vorerst alleiniges Wasch- und Reinigungsmittel. In  den meisten Haushalten wurde für den Eigenbedarf Schmierseife selbst hergestellt. Rohstoffe waren Pottasche und Rüböl, Hanföl, Leinöl, Tran und Talg. Neben Kernseife blieb Schmierseife bis in das 20. Jh. das wichtigste Wäschewaschmittel.